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Warum die glückliche Patchwork-Familie oft nur Wunschdenken ist, Teil II E-mail

Warum die glückliche Patchwork-Familie oft nur Wunschdenken ist, Teil II

 

Eine neue, glückliche Familie, die aus einem Paar, den Kindern aus den vorhergehenden Beziehungen und vielleicht noch gemeinsamem Nachwuchs besteht: So stellen sich viele das Patchwork-Leben vor. Doch so einfach ist es leider nicht. Der Alltag als Patchwork-Familie wird von etlichen Herausforderungen begleitet, für die Lösungen gefunden werden müssen.

In einem zweiteiligen Beitrag erklären wir, warum das Idyll der Patchwork-Familie oft eher Wunschdenken ist – und wie es trotzdem klappen kann, als neue, glückliche Familie zusammenzuwachsen.

Hier ist Teil II!

 

Großer Druck von außen

In einer Patchwork-Familie spielt die gegenseitige Akzeptanz eine immense Rolle. Gleichzeitig hat die Gesellschaft eine klare Erwartungshaltung. So wird einfach vorausgesetzt, dass Patchwork-Eltern auch ihre Stiefkinder lieben. Dass ein Partner zu den Kindern seines Partners keine Bindung aufbauen kann, gilt als No-Go. Schnell stehen dann verständnislose Vorwürfe wie „Du wusstest doch, dass er/sie Kinder hat.“ oder „Die armen Kinder sind schon Trennungskinder und werden jetzt wieder nur weitergereicht.“ im Raum.

Natürlich müssen auch die Stiefkinder fair behandelt werden. Und es gehört zu den Aufgaben der Erwachsenen, an sich zu arbeiten und einen Weg zu finden, wie das Zusammenleben funktionieren kann. Aber es ist völlig in Ordnung, nicht in der neuen Rolle als Stiefvater oder -mutter aufzugehen. Liebe lässt sich nun einmal nicht erzwingen und manchmal passt es zwischen zwei Menschen einfach nicht.

Trotzdem ist an dieser Stelle eine offene Kommunikation unverzichtbar. Ein Partner wird selbstverständlich nicht begeistert sein, wenn ihm sein neuer Partner eröffnet, dass er seine Kinder nicht mag. Aber nur wenn beide Partner offen zu ihren Gefühlen stehen, können sie damit beginnen, als Paar nach einer Lösung zu suchen.

 

Ablehnende Haltung der Kinder

Wenn sich die Eltern trennen, bricht für die Kinder oft eine Welt zusammen. Hängen sie noch sehr an beiden Elternteilen, haben sie die Trennung als schmerzlich erlebt und ist die Paarebene zwischen den Ex-Partnern noch nicht geklärt, wird der neue Partner häufig zum Buhmann. Obwohl er überhaupt nichts dafür kann, bekommt er die volle Ablehnung zu spüren.

Viele Stiefeltern glauben, dass sich das Verhältnis zu den Kindern bessern wird, wenn sie sich nur genug Mühe geben. Doch wenn sich nichts ändert und die Kinder den neuen Partner nicht als Bezugsperson akzeptieren wollen, wird der Frust immer größer. Auch hier ist wieder wichtig, offen mit seinem Partner zu sprechen. Dabei geht es nicht darum, den Kindern einen Vorwurf zu machen oder den Partner auf seine Seite ziehen zu wollen. Eine Entscheidung zwischen den Kindern und der neuen Partnerschaft ist der falsche Ansatz. Das Ziel muss vielmehr sein, nach Lösungen zu suchen, die das verletzende Verhalten beenden.

Authentizität ist ein entscheidender Faktor im Beziehungsaufbau zu den Kindern. Das Paar muss zunächst eine Einheit bilden, um sich gegenseitig Halt und Stabilität geben zu können. Erst wenn das erreicht ist und sich beide in der neuen Partnerschaft wohlfühlen, können sie diese Geborgenheit auch an die Kinder weitergeben.

 

Problematische Eifersucht

Oft entsteht im Patchwork eine neue Familie, weil sich das Paar für gemeinsamen Nachwuchs entscheidet. Doch die Kinder aus der früheren Beziehung reagieren darauf nicht immer sehr erfreut. Vor allem, wenn sie hauptsächlich beim Ex-Partner leben, können sie sich schnell benachteiligt fühlen.

Tatsächlich lassen sich solche Empfindungen nur schwer steuern. Zwar wird es mit zunehmendem Alter einfacher, offene Gespräche zu führen. Unabhängig vom Alter ist aber wichtig, den Kindern zu vermitteln, dass sich an den Gefühlen für sie überhaupt nichts ändert. Manchmal kann es helfen, sich ganz bewusst Zeit zu nehmen und diese exklusiv nur mit einem Kind zu verbringen.

Generell sollten sich die Patchwork-Eltern aber nicht verrückt machen. Auch in normalen Familien ist es ganz normal, dass Kinder in gewissem Umfang eifersüchtig sind, wenn ein Geschwisterchen dazukommt. In einer Patchwork-Familie gibt es zusätzlich die Besonderheit, dass das neue Geschwisterchen auch noch einen neuen Elternteil hat. Das kann die Befürchtung wecken, dass der leibliche Elternteil seiner neuen Familie jetzt mehr Bedeutung beimisst. Hier brauchen die Eltern das notwendige Fingerspitzengefühl, um klarzumachen, dass alle Kinder gleich wertvoll sind. Doch das brauchen Kernfamilien ganz genauso.

 

Angebote als Basis

Wohnen die Kinder beim Ex-Partner und zeigen wenig Interesse am Leben als Patchwork-Familie, kommt oft das Gefühl auf, den Kontakt zu seinen Kindern zu verlieren. Trotzdem ist wichtig, den Kindern Freiraum zu geben und sie nicht in eine Rolle zu drängen. Als Elternteil sollte man akzeptieren, wenn sich ein Kind zurückzieht. Wichtig ist, dem Kind das Angebot zu machen, dass es jederzeit zu einem kommen kann. Ob das Kind das Angebot annimmt, ist seine Sache. Entscheidend ist, ihm die Hand zu reichen.

Andererseits sind Eltern eben auch Menschen, die es verdienen, wieder glücklich zu sein. Deshalb müssen sie lernen, innerlich loszulassen. Eine neue, glückliche und erfüllende Partnerschaft kann nur entstehen, wenn zwei Menschen bereit sind, zueinanderzufinden.


Generell sollten wir uns erlauben, unseren eigenen Weg zu finden, auch unangenehme Wahrheiten auszusprechen und vor allem, weniger perfekt zu sein. Der Traum von der idyllischen Patchwork-Familie wäre vermutlich leichter zu realisieren, wenn wir weniger Angst davor hätten, zu scheitern.

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