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Warum die glückliche Patchwork-Familie oft nur Wunschdenken ist, Teil I

 

Zwei Personen kommen als Paar zusammen. Mit den Kindern, die sie in die Beziehung mitbringen, und vielleicht auch gemeinsamem Nachwuchs bilden sie eine neue Familie, die einen harmonischen Alltag lebt. Diese Vorstellung haben viele. Doch in der Realität läuft es häufig ganz anders. Da wollen viele Herausforderungen gemeistert und etliche Konflikte gelöst werden. In einem zweiteiligen Beitrag gehen wir der Frage nach, warum die glückliche Patchwork-Familie oft nur Wunschdenken ist – und wie es trotzdem gelingen kann.

 

Vielschichtige Konflikte im Patchwork-Leben

In einer Patchwork-Familie kommen zwei verschiedene Familiensysteme zusammen. Herausforderungen auf unterschiedlichen Ebenen bleiben da nicht aus. Sind sich insbesondere die Erwachsenen einig und haben sie vieles im familiären Alltag vorher sowieso schon ähnlich gehandhabt, hat es die neue Konstellation nicht allzu schwer. Doch in der Realität kommt das eher selten vor. Es reicht schon eine Person, die nicht richtig mitspielt, um es für alle schwer zu machen.

In den meisten Fällen sind es Konflikte auf der Paarebene, die (noch) nicht gelöst sind. Dann versucht der Ex-Partner, als Elternteil weiter mitzumischen, die Kontrolle zu behalten und Macht auszuüben. Wichtig ist als neues Paar deshalb, sich immer wieder bewusst vor Augen zu führen, mit wem man jetzt welche Beziehung führt.

Durch die Elternebene bleibt das Ex-Paar selbstverständlich miteinander verbunden. Aber es muss eine klare Grenze zwischen der Paar- und der Elternebene geben. Bis sich in der Praxis alles eingespielt hat, kann es helfen, feste Regeln aufzustellen, so zum Beispiel Termine zu vereinbaren, bei denen sich die Ex-Partner über die gemeinsamen Kinder austauschen.

 

Ehrlicher Austausch als Basis

Manchmal treffen in einer Patchwork-Familie ganz unterschiedliche Lebenswege aufeinander. So kann zum Beispiel sein, dass die Frau keine eigenen Kinder hat. Sie führte also bislang ein kinderloses Leben, hat sich auf die berufliche Karriere konzentriert und ist an den Wochenenden mit Freunden um die Häuser gezogen. Auf einmal muss sie sich damit arrangieren, dass jedes zweite Wochenende Familienzeit angesagt ist und die eigenen Unternehmungen zugunsten der Kinder das Nachsehen haben.

Zusätzlich dazu sind oft die Erwartungshaltungen ganz verschieden. So geht die Frau vielleicht davon aus, dass ihr Partner der Vater ist, sie aber nicht unbedingt in eine Mutterrolle schlüpfen möchte. Der Mann hingegen sieht womöglich alle Beteiligten als eine Familie und kommt gar nicht auf die Idee, dass seine Partnerin nicht jedes zweite Wochenende mit seinen Kindern verbringen will.

An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig es ist, offen und ehrlich miteinander zu kommunizieren. Das gilt zwar letztlich für jede Beziehung. Doch gerade in einer Patchwork-Familie ist es unumgänglich, sich aufrichtig über die Erwartungen auszutauschen, um die Weichen für die gemeinsame Zukunft zu stellen.

 

Bonuseltern oft nur Illusion

Natürlich gibt es Konstellationen, in denen vieles reibungslos abläuft und nur kleinere Konflikte auftreten. Außerdem ist es durchaus von Vorteil, wenn wir uns ein positives Bild ausmalen und mit dieser Einstellung an die ganze Sache herangehen. Nur das Bild von der glücklichen Bilderbuchfamilie, die gemeinsam am Tisch sitzt und fröhlich Gesellschaftsspiele spielt, bleibt eine Illusion. Trotzdem kann das Leben in der Patchwork-Familie aber schön sein und allen einen sicheren Hafen bieten, obwohl Konflikte über der idyllischen Harmonie schweben. Am Ende gilt auch das für jede Familie.

Bei der Patchwork-Familie ist es allerdings so, dass oft von Bonuskindern und Bonuseltern die Rede ist. Tatsächlich gibt es sicherlich Familien, in denen es die Kinder und die Erwachsenen als echten Glücksfall empfinden, neue, zusätzliche Familienmitglieder dazuzugewinnen. Aber genauso kann der Bonus eine reine Nullrechnung sein. Das ist dann der Fall, wenn es mit den zusätzlichen Elternteilen oder Kindern zwar harmoniert, ein Stück weit aber eben auch nur deshalb, weil es die Situation erfordert.

Manchmal steht allerdings ein großes Minus im Raum. So zum Beispiel, wenn es jemandem schwerer fällt als gedacht, jedes zweite Wochenende der Kinder wegen auf den Partner zu verzichten. Oder wenn sich ein Partner gegen gemeinsame Kinder entscheidet, weil ihm die eigenen Kinder reichen oder die Unterhaltszahlungen die finanziellen Mittel zu sehr belasten.

 

Unlösbare Grundkonflikte

Viele Paare kommunizieren zu wenig miteinander und tauschen sich nicht über Grenzen, Wünsche, Erwartungen und Leidenschaften aus, um Streit zu vermeiden. Dabei ist es manchmal gut und wichtig, sich zu streiten. Denn nur so lässt sich vermeiden, dass sich im Laufe der Zeit so viel Frust anstaut, dass man am Ende in einer Sackgasse landet. Doch selbst wenn ein Paar offen miteinander spricht, bleiben grundlegende Konflikte, die sich nicht auflösen lassen.


In einer Patchwork-Familie sind das in erster Linie emotionale Konflikte. So gibt es zum Beispiel den Ex-Partner, der seine Kinder als Elternteil liebt. Auf der anderen Seite gibt es den neuen Partner, für den die Kinder erst einmal fremde Menschen sind, an die er sich gewöhnen, zu denen er eine Beziehung aufbauen und für die er Gefühle entwickeln muss. Auch wenn ein sehr gutes und vertrauensvolles Verhältnis wächst, wird das Verhältnis zum Stiefkind nie das gleiche sein wie das Verhältnis zum leiblichen Kind. An diesem Grundkonflikt ist kaum zu rütteln.

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