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Tradition über Generationen: Studentenverbindungen E-mail

Tradition über Generationen: Studentenverbindungen 

Merkwürdige Rituale, seltsame Gepflogenheiten, ungewöhnliche Narben im Gesicht, eigenwillige Kleiderordnungen und Beziehungen bis in die höchsten Kreise. Studentenverbindungen werden mit vielen verschiedenen Vorstellungen in Verbindung gebracht. 

 

 

Einige davon gehören ins Reich der Mythen und Legenden, an anderen ist durchaus Wahres dran. Fest steht jedoch, dass es etwas gibt, das alle Studentenverbindungen miteinander verbindet: die Verbundenheit zur Tradition.  

 

Die Mitgliedschaftsstruktur bei Studentenverbindungen

Statt von Studentenverbindungen, auch Korporationen genannt, wird manchmal auch von Burschenschaften gesprochen. Der Begriff der Burschenschaft ist aber kein Synonym für die Studentenverbindung. Stattdessen sind Burschenschaften eine bestimmte Form von Studentenverbindungen. Andere Varianten von Studentenverbindungen sind beispielsweise Corps, Landsmannschaften, konfessionelle Verbindungen oder Sängerbünde.

Jede Verbindung hat ihre eigenen Rituale und Vorgaben, die für alle Mitglieder verbindlich sind. Diese können sehr unterschiedlich sein und auf Außenstehende mitunter etwas eigenwillig wirken.

Bei den farbentragenden Verbindungen etwa dienen eine bestimmte Kleidung und gewisse Symbole als Erkennungszeichen. Schlagende Verbindungen wiederum tragen Fechtkämpfe aus. Die Fechtkämpfe heißen Mensuren und hinterlassen nicht selten ihre Spuren in Form von Narben.

 

Eine große Gemeinsamkeit von allen Studentenverbindungen ist die dreigeteilte Mitgliedschaftsstruktur, die Füchse, Burschen und Alte Herren umfasst:

 

·         Tritt ein Student einer Verbindung bei, ist er zunächst ein Fuchs (auch Fux). In einer Art Probezeit, die ein bis drei Semester lang dauert, macht sich der Fuchs mit der Geschichte, den Ritualen und den Gepflogenheiten der Verbindung vertraut.

·         Entschließt sich die Verbindung dazu, den Fuchs in ihre Gemeinschaft aufzunehmen, findet eine feierliche Zeremonie statt. Bei dieser Zeremonie wird der Fuchs zum Burschen ernannt. Bis zum Ende seines Studiums gehört der Bursche nun zu der sogenannten Aktivitas der Studentenverbindung.

·         Nach Abschluss des Studiums wird aus dem Burschen ein Alter Herr. Auch jetzt bleibt der ehemalige Student mit der Gemeinschaft verbunden und unterstützt seine Verbindung.

Bei Studentenverbindungen gilt das sogenannte Lebensbundprinzip.

Das bedeutet, dass ein Mitglied im Normalfall bis an sein Lebensende Mitglied der Verbindung bleibt. Die Anzahl an Alten Herren, die Führungspositionen in der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Verwaltung bekleiden, ist überdurchschnittlich hoch. So können die Alten Herren ihre Verbindung nicht nur finanziell unterstützen, sondern oft auch beruflich weiterhelfen. 

 

Die Anfänge der Studentenverbindungen

Die Geschichte der Studentenverbindungen beginnt mit der Gründung der ersten Universitäten in Europa im 11. Jahrhundert. Seinerzeit schlossen sich die Studenten in Bursen oder zu Collegia zusammen. Die Gemeinschaft bot ihnen Schutz, Unterhaltung, Geselligkeit und wurde nicht selten zur Ersatzfamilie. Im deutschsprachigen Raum waren die Studentenverbindungen Landsmannschaften. Die Mitglieder stammten aus der gleichen Region und die Verbindung wurde meist nach der Herkunftsregion ihrer Mitglieder benannt.

So entstanden Studentenverbindungen wie beispielsweise die Westphalia, die Saxonia oder die Teutonia. Ihren Zusammenhalt brachten die Mitglieder durch das Tragen bestimmter Kleidungsstücke in der Farbe ihrer Heimat zum Ausdruck. Später gingen aus den Landsmannschaften die ersten Corps hervor, ihre Mitglieder waren überwiegend adelige Studenten.

Die Ideen der Französischen Revolution fanden auch in Deutschland großen Anklang.

Beim Bürgertum wurde der Wunsch, sich in die Politik einzubringen, zunehmend größer. Anfang des 19. Jahrhunderts gliederte sich Deutschland aber noch in viele Kleinstaaten, die zudem in weiten Teilen von den Truppen Napoleons besetzt waren. So wuchs auch der Wunsch nach einer nationalen Einheit, sowohl unter den Bürgern als auch unter den Studenten. Also schlossen sich im Juni 1815 mehrere Landsmannschaften, Corps und freie Studenten zusammen und begründeten die Urburschenschaft.

Die Jenaer Urburschenschaft erhielt einen gewählten Vorstand und erarbeitete eine Verfassung. In der Verfassung wurden einige liberal-demokratische Ideen aufgegriffen. So war beispielsweise vorgesehen, dass alle Mitglieder unabhängig von ihrer Geburt oder ihrem Stand gleich behandelt und Beschlüsse gemeinschaftlich gefasst werden sollten.

Aber die Verfassung enthielt auch Ansätze einer nationalistischen Ideologie. Die Verfassung erklärte es etwa zur heiligen Pflicht, die Ehre und Herrlichkeit des deutschen Volkes wiederherzustellen. Als Verbindungsfarben entschied sich die Urburschenschaft für Schwarz, Rot und Gold. 

 

Die Studentenverbindungen im Verlauf der Zeit

Nachdem sich der Schriftsteller August von Kotzebue über die verklärte Haltung vieler Studenten zum Vaterland und zum Deutschsein lustig gemacht hatte, wurde er im März 1819 vom Burschenschafter Karl Sand ermordet. Dies führte zu den Karlsbader Beschlüssen, durch die alle deutschen Studentenverbindungen verboten wurden. Viele Studentenverbindungen blieben jedoch weiterhin aktiv, zumindest im Untergrund.

Beim Hambacher Fest 1832 und während der Revolution 1848/49 erregten die sogenannten Progressstudenten Aufmerksamkeit. Ihre Ziele bestanden darin, eine bürgerlich-demokratische Gesinnung zu etablieren und die Aristokratie zu überwinden. Das Scheitern der Revolution beendete aber auch die Progressbewegung und der Wunsch nach bürgerlicher Emanzipation wich zunehmend reaktionären Einstellungen. Damit lösten sich auch die Unterschiede zwischen den konservativen Corps und den eher republikanisch gesinnten Burschenschaften auf.

Die Ziele wurden sich immer ähnlicher, Gleiches galt für die Organisation. Rituale wie die Mensuren wurden zu gemeinsamen Gepflogenheiten, ebenso wie das stolze Tragen der Verbindungsfarben. Die Zeit zwischen 1871 und dem Ersten Weltkrieg wurde zur Blütezeit der Studentenverbindungen. Vor allem die Corpsstudenten galten als Vorbild für den jungen Mann im Kaiserreich, der sich an militärischen Werten orientiert und von seiner elitären Überlegenheit überzeugt mit vornehm-strammer Haltung präsentierte.

Frühe Corpsstudenten bekleideten oft Führungspositionen im Staat, zwei prominente Vertreter sind Kaiser Wilhelm II. und Otto von Bismarck. In das ausgeprägte Nationalgefühl, das die meisten Studentenverbindungen pflegten, mischte sich ab den 1880er-Jahren zunehmend ein Antisemitismus. Sozialdemokraten und Frauen, die ab 1900 studieren durften, blieb der Zugang zu Studentenverbindungen ebenfalls verwehrt.

In der Weimarer Republik distanzierten sich die Studentenverbindungen vom Staat. Sie trauerten der Vergangenheit hinterher, hielten an alten Traditionen und Ritualen fest und rutschen so immer weiter in die politisch rechte Ecke ab. Die Wahl Hitlers zum Reichskanzler fand bei den meisten Studentenverbindungen großen Zuspruch.

Aber auch das Verbindungswesen fiel dem Prinzip der Gleichschaltung zum Opfer. So wurde der Nationalsozialistische Studentenbund als alleinige studentische Verbindung etabliert. Alle anderen Studentenverbindungen lösten sich freiwillig oder zwangsweise auf und waren 1936 von der Bildfläche verschwunden.  Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden viele frühere Studentenverbindungen wiederbegründet.

Die Studentenbewegungen Mitte der 1960er-Jahre stellten die Verbindungen dann aber wieder vor eine große Herausforderung. Das Verbindungswesen galt als antiquiert und das konservative Weltbild als nicht mehr zeitgemäß. Da sich kaum noch neue Mitglieder fanden, mussten zahlreiche Studentenverbindungen ihre Aktivitäten vorübergehend einstellen. Erst Ende der 1980er-Jahre lebte das Verbindungswesen wieder auf. Dies lag zum einen daran, dass konservative Weltbilder erneut in Mode kamen. Zum anderen konnten sich im wiedervereinigten Deutschland nun auch Studenten aus der ehemaligen DDR zu Studentenverbindungen zusammenschließen oder bestehenden Korporationen beitreten. 

 

Tradition über Generationen: Studentenverbindungen heute

Schon in den 1970er-Jahren hatten einige Verbindungen damit begonnen, sich neu zu strukturieren. Sie ließen Frauen, Ausländer und Angehörige nichtchristlicher Religionen als Mitglieder zu. Außerdem schafften sie den Mensurzwang ab.

Heute ist das studentische Verbindungswesen genauso vielfältig wie in längst vergangenen Tagen, gleichzeitig aber auch recht uneinheitlich. Es gibt etwa 1.000 verschiedene Studentenverbindungen, die in gut 30 Dachverbänden organisiert sind. Die meisten Verbindungen sind nichtschlagende Verbindungen, praktizieren den studentischen Fechtkampf also nicht mehr. Schätzungen zufolge sind zwei bis drei Prozent aller Studenten Mitglieder in einer Korporation.

Die Haltungen decken die gesamte Bandbreite ab. So ist von sehr liberal gesinnten Verbindungen bis hin zu rechtsextremen Burschenschaften, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen, alles vertreten. Zwei grundlegende Elemente haben sich die Studentenverbindungen aber bis heute bewahrt. Zum einen sind dies die ausgeprägte Traditionsverbundenheit und zum anderen das Prinzip des Lebensbundes.

Mehr Dokumentationen, Tipps und Anleitungen:
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